The Village, USA 2004
M. Night Schyamalan, Regie
Ich konne es nicht lassen und wollte doch wenigstens mal reinschauen in die TV-Premiere von M. Night Shyamalans “The Village”, der mich schon im Kino so gefangen genommen hatte. Reinschauen, na klar. Natürlich kam ich nicht mehr davon los.
“The Village” ist ein Faszinosum von einigem Rang. Wie ich jetzt, einen Tag später, feststelle, ist es kein Film, der einen für Tage oder länger erfüllt. Das kann er gar nicht sein, zu vielen An-Sichten bietet er sich an. Was auch heißt, dass er durch Denken erschlossen werden muss, wenn die bannende Wirkung des ersten Mals verflogen ist. Die ist schaurig schön, und auch diesmal, trotz allen Wissens, hat der Film feine Härchen auf meinem Körper zu stimulieren gewusst.
Man begibt sich in “The Village” hinein. Es gleicht einer Gefangennahme, bietet aber Aussichten, die man draußen nie so konzentriert bekommen könnte, begleitet von einer unglaublich schönen Musik James Newton Howards. Man ist ein ausgesprochen priviligierter Beobachter, wenn man sich Shyamalans Film besieht. William Hurt - nur einer des ausnahmslos blendeneden Ensembles - spielt einen der Dorfältestens und einen Lehrer. Die Schichten der amerikanischen Geschichte sind durchwachsen mit Theorien zur Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, des Zusammenlebens, der moralischen Ausrichtung, der Bindung an die Natur, an die Instanzen, usw. usf. Viel davon konstituiert das, was wir “Americana” nennen. Die Geschichten der Schauerromantik gehört ebenso dazu wie, nicht zuletzt, das Kino. Dem Film glaubt man erst einmal alles. Nur darum kann “The Village” funktionieren, wie er intendiert ist. Umgekehrt beweist er seine Prämisse. Was hier so technisch klingt, ist Schönheit.
Der Titel dieses Eintrags verwandelt den Titel einer Kurzgeschichte von Ambroce Bierce. Natürlich passt er nicht ganz auf den beschworenen Film, erlaubt mir aber die Verbindung zu Bierce und die wiederum ist nicht weit hergeholt. Dessen Geschichte behandelt ebenso wie Shyamalans Film die (Nicht-)Grenze der Kultur zur Natur, die besondere Konstitution der Menschen an dieser Grenze, Öffnungen von Gebäuden, aufgebahrte Menschen und die Farbe Rot. Von der amerikanischen Lebensgeschichte Bierces und dem Blockhausmotiv in der amerikanischen Literatur und dem Film dieses Landes sei noch keine Rede … - Fast möchte ich sagen, “The Village” sei wie eine Probebohrung durch amerikanische Schichten, welche Momente von fast allem offenlegt und qua Ausschnitthaftigkeit vielfältige Verbindungen erlaubt.
Nicht zuletzt sei erwähnt, der große Kameramann Roger Deakins hat es hier wie wenige verstanden, Wald zu filmen. Das Dorf, seine Wiesen und Felder haben noch den Charakter des Artifiziellen - hier verbindet sich die Bildästhetik mit der Erzählung -, der Wald jedoch ist wirklicher Wald. Gerade das einzufangen ist die Schwierigkeit. Die Bedeutung der Grenze zwischen Dorf und Wald wird durch die Erzählung aufgeladen, durch Bauten stärker noch markiert. In einigen Bildern wird ein Blick weniger riskiert als dass er gewährt wird: Vom Dorf zum Walde hin. Das Bild, welches mir in conlusio einfällt, ist das des Schaukelstuhls, der nicht mehr auf der Veranda steht, sondern eine eingeschobene Einstellung lang auf dem kurz gemähten Gras in Richtung des Waldes plaziert ist.
Von der Liebe habe ich nun ganz geschwiegen. Aber das muss man ja.