go, pat!

The SpongeBob SquarePants Movie / Der SpongeBob Schwammkopf Film, USA 2004
Stephen Hillenburg, Regie

Spongebob hat kein so ausdifferenziertes Universum wie das der Simpsons aufzubieten, aber auch in diesem ersten Spielfilm treten einige relevante Serienfiguren in den Hintergrund. Doch keiner bleibt zurück. Bei den Simpsons hat das freilich ganz andere Dimensionen, d.h. vollere Bilder, die den Ensemble-Postern gleichen. Die verbleibenden haben eine Funktion in dieser einen, wenn auch längeren Erzählung, neue Handlungsträger kommen hinzu.

Nach dem, was ich von der Serie kenne, ist es die grandioseste Idee des Films, den Konflikt Kind/Mann zu seinem Kernthema zu machen. Spongebob kommt erst dazu, mit Patrick eine beschwerliche gefährliche Reise auf sich zu nehmen, um Neptuns Krone zurückzuholen, weil er beweisen will, dass er ein echter Kerl ist. Damit reflektiert der filmische Sonderfall die Serie und nimmt sich gleichsam auf außergewöhnliche Weise einem allgemeingültigen Thema an.

Eine so witzige wie herzliche Angelegenheit.

oh fortuna!

Jackass: The Movie, USA 2002
Jeff Tremaine, Regie

Ich muss hier keine Hymnen anstimmen, die ich doch kaum begründen (d.h. vermitteln) kann. Ich kann stattdessen eine Kritik zum Film zitieren und mich dazu äußern. Zu “Jackass” hat Andreas Busche nämlich seinen besten Text geschrieben. Im ersten Absatz schildert er einige Sequenzen aus dem Film - die es, zumindest in der beschriebenen Form, darin nie gegeben hat. Auch sonst habe ich nicht selten ‘falsche’ Beschreibungen von Film und Serie gehört. Dabei ist es egal, ob die Episoden in der Rede noch ‘krasser’ ausgeschmückt werden wollten oder man tatsächlich um korrekte Widergabe bemüht war: “Jackass” besitzt eine außergewöhnlich produktive Nachwirkkraft - nicht allein, was körperliche Folgen angeht.

So lassen sich Episoden vermischen, Akteure verwechseln, deren Reaktionen anders deuten, Stunts anders und extremer denken. “Jackass” macht Eindruck, unmittelbar und mittelbar. Beim Zappen am Wochenende ist mir anhand Winnie Puuh etwas passendes aufgefallen. Ich kenne mich mit dem Bären nicht aus, bin auch nur kurz an den beiden Filmen hängen geblieben, aber anscheinend ist der erste Puuh-Film (1966) ein aus verschiedenen Elementen und Ebenen - Real/Trick, (medien)reflexiv, episodisch - zusammen gesetzter und der Hefferlump-Film (2005) läuft wohl in einem Rutsch und ohne Brüche durch.

Ich baute immer stark auf die kreativen Möglichkeiten kindlicher Fantasie. Das Puuh-Beispiel lässt vermuten, diese bekäme immer weniger tun. Vielleicht zeigt sich angesichts “Jackass” dieses kindliche Vermögen noch einmal, einmal noch in voller Blüte. Genießen wir es, rezipieren wir freudig und frei!

excuse me, are you the singing bush?

¡Three Amigos! / Drei Amigos!, USA 1986
John Landis, Regie

Eine Verwechslungskomödie in doppeltem Sinn, auf der Handlungs- als auch der Reflexionsebene: Drei frühe Filmcowboys sehen sich mit der “Glorreichen-Sieben”-Realität eines mexikanischen Dorfes konfrontiert. Die Ebenen lassen sich nicht voneinander trennen, im Gegenteil, sie spielen produktiv ineinander. Immer wieder wird eine andere Facette herangezogen, seien dies die Beschränkungen oder Konventionen des Stummfilms (Reit-, Atelieraufnahmen), Fragen der Medienkompetenz oder Kinonostalgie.

Das hat auch eine schöne zeitbezogene Komponente, schließlich war in den frühen Jahren des Filmens dieses noch oft ein Abenteuer wie andere auch, ein Riskieren und Entdecken. Peter Bogdanovich verwies darauf, dessen “Nickelodeon” dem Film John Landis’ nicht unähnlich ist.

Witzigerweise war es “Three Kings”, zu dem Dietrich Kuhlbrodt schrieb: “Der Film setzt darauf, dass Unstimmigkeit und Stimmigkeit zugleich wahrgenommen werden können. Von der Zielgruppe erwartet der Film eine tolle Rezeptionskompetenz.” Für die “Drei Amigos” trifft dieser Satz ebenso zu.

“planetarisches kunstgewerbe”

Starcrash, USA/Italien 1979
Luigi Cozzi, Regie

Ich hatte den Film als Kind gesehen und konnte mich noch erstaunlich gut in ihn erinnern. In allem ist “Starcrash” herrlich absurd und dabei so konsequent, dass man denken könnte, er sei als Experiment angelegt. Der seltene Fall eines Filmes, dem alles schief geht und der darum aufgeht: Ein Hauptdarsteller, der bei Steven Seagal in die Schule gehen sollte, dass er noch was lernt; eine Hauptdarstellerin (Caroline Munro), die zur Sklaverei verurteilt wird und diese in knappem Lack und Leder bestreitet; ein Roboter, dessen Programmierung jeder Logik widerspricht; Christopher Plummer als guter Herrscher, immer in kleidsames Gold gehüllt, Joe Spinell als dessen diabolischer, mehr noch diabolisch lachender Gegensspieler, der in der Weltraumschlacht seinen Leuten ständig sagen muss, sie sollten ihre Feinde töten; ein früher David Hasselhoff - gefönter wird er niemals sein - als tragisch gestrandeter Robinson, der nicht gemerkt hat, dass er auf dem Planeten gelandet ist, den er immer suchte … Die Liste müsste ewig so weitergehen.

Überhaupt ist “Starcrash” voller Diebesgut aus der Science-Fiction/Fantasy-Filmgeschichte - nur hätten sich Filme wie “Star Wars” nie getraut, uns einen interstellaren Kampf zu zeigen, bei dem die Angreifer in ihren fliegenden Kisten durch die berstenden Dünnglasscheiben der Raumstation scheppern, um dann drinnen in den Nahkampf zu gehen. Das sind Himmelfahrtskommandos wie aus der panischen Spätphase des Seekriegs im WK2.

“Starcrash” hat es so eilig, dass man es nichmal schaffen kann, den Prolog zu lesen. Man muss ihn gesehen haben.

ps, Stefan stellt in seinem Eintrag zum Film zwei Screenshots zur Verfügung, die mich insofern beschämen, als ich die Amazonen- und Ray-Harryhausen-Aspekte bisher ganz verschwiegen hatte. Doch da sind sie nicht die einzigen.

der mann, der hockey spielte

Cowards Bend the Knee, Kanada 2003
Guy Maddin, Regie

Guy Maddin macht ein Kino, das einen Blick auf das Kino wirft. Auf die Filmgeschichte wird inhaltlich angespielt und formal. Er bevorzugt die Formensprache des frühen Kinos, verfügt jedoch ebenso gekonnt über spätere Entwicklungen. Möglichkeiten letzterer Art vermag er produktiv in erstere einzufügen. Das allein ist schon ein Grund, gebannt & gespannt vor diesen Filmen zu sitzen.

Ein anderer ist der Humor. Der ist bei Maddin, passend zum Stummfilm, teils zotig, teils skurril, teils rührend. Da er fast ausschließlich in den Bildern steckt, ist er sehr stark an die Sichtung gekoppelt. Man kann eben keine Sprüche aus den Filmen mitbringen. Zudem fällt das Bilderbeschreiben hier sogar noch schwerer als sonst. Das Flüchtige ist also nicht das Erstaunliche, sondern vielmehr der Grund, stets zurückkehren zu wollen.

hunting high and low

Underworld, USA 2003
Len Wiseman, Regie

Von der ersten Einstellung an, die genau so lange anhält, bis der Studiowind das schwarze Cape Kate Beckinsales soweit hochgeweht hat, dass ihr latexgeformter Hintern sichtbar wird, ist klar, dass es sich bei “Underworld” um eine Frage des Designs handelt.

Die jüngere Kinogeschichte stellte Len Wiseman eine Palette von Formungen zur Verfügung, die er nur noch übernehmen und anordnen musste. Allein schon “Matrix” und “Blade II” geben “Underworld” eine erstaunliche Menge an Bildern, Bewegungen, Abläufen, Plotauflösungen, Storyhintergründen usw. vor. Motiv- und Genregeschichte prägen, freilich vorhanden und ab-/anrufbar, den Film weit weniger.

Hat mir gefallen.

offenheit und widerstand

Halloween, USA 2007
Rob Zombie, Regie

Ich kenne Zombies Vorgängerfilme nicht (was sich ändern wird). Zumindest an seinem “Halloween” sind charakteristisch: Härte, Kohärenz/Konsistenz und Offenheit. Was eine ausgesprochen erwachsene Leistung ist. Es hat nichts spielerisches, nichts gezwungenes, nichts (weit) hergeholtes, sondern etwas bezwingendes, wie Zombie seinen beeindruckend fest zusammengezurrten Film nach außen offenhält. Allein über die eingesetzten Darsteller und den Darstellereinsatz - zwei grundverschiedene Dinge und wie selten gelingt beides - ließe sich einen Artikel lang schwärmen. Oder wenn man sich bewusst macht, wieviele “(sic!)”s man in die Aussage setzen könnte, dass Brad Dourif hier einen Sheriff namens Lee Brackett spielt (in Zombies “Halloween”-Fernsehen laufen zweimal genau dieselben Einstellungen aus Nyby/Hawks’ “Thing” vorbei). Oder … Eben.

Dieser “Halloween” reduziert die Komplexität der Problematik “Halloween”-Remake enorm - eine erstaunliche Leistung. Oder anders gesagt: Nach Ansicht von Rob Zombies Film kann man sich kaum noch vorstellen, wie ein Remake des Carpenter-Klassikers hätte anders aussehen können. Natürlich, klar, kann man, kann man immer - aber man müsste es dieses Mal erzwingen, wo man in anderen, ähnlichen Fällen teils tausendundeinem Wuschtraum nachhing (ach vermiede er dies, ach täte er jenes …).

Die Härte meine ich buchstäblich: Nicht nur füllt Zombies Film psychologische Leerstellen der Entwicklung Michael Myers’ auf, er verschiebt auch das Rätsel um dessen körperliche Kraft und Beständigkeit, (nicht nur) indem er Michael durch Tyler Mane darstellen, verkörpern lässt. Auch Myers’ Körper ist konsistent - in räumlicher wie zeitlicher Dimension: Er kann einstecken, aushalten und austeilen.

Mir macht solche grobe Härte affektiv kaum etwas aus - ganz anders als, paradigmatisch gesprochen, Bunuel/Dalís Augenschnitt. Das Ende des Films besteht dann auch zu einem beträchtlichen Teil aus der sich - wie alles hier - hinziehenden Demolage seines Geburtshauses, die mehr und mehr zurücktritt und der Demolage Michaels weicht. Überhaupt ist es in unserem Zusammenhang nicht das schlechteste Wort, Demolage, das langwierige, doch stetige Abarbeiten an etwas, das Zerstörung, ja Aus-Löschung nie werden kann.

das kochbuch

Lady in the Water / Das Mädchen aus dem Wasser, USA 2006
M. Night Shyamalan, Regie

“Ein Film ist wie ein Kristall, den man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kann.” - Akira Kurosawa

Wollte man eine Metapher für die Beschreibung von “Lady in the Water” finden, so wäre es die vom Verbund. Ausgestaltet wird sie auf mehreren Ebenen, gebrochen durch wenig - das jedoch auf beiden Seiten des Spektrums: Der Regisseur selbst stellt die “Messias”figur seines Drehbuchs dar, welches sein Stammhaus Disney nicht verfilmen wollte, weshalb Shyamalan gezwungen war, das Studio zu wechseln. Der Jäger, in der Erzählung, bricht aus dem Verbund, d.h. aus dessen Regeln aus und wird - reglementiert. Sanktioniert wird er vom Zentrum der Regeln und der Welt aus und durch die Wächter. Was einen weiteren Bruch formuliert, denn wie erklärt man einen organischen, sich auf den Verbund aller berufenden, Leviathan?

Weltlogiken werden durch die Logik(en) der Kunstwerke außer Kraft gesetzt. Aus der Kunst heraus lässt sich eine Welt anklagen, die durch ihren Lauf bald jeder moralisch begründeten Logik widerspricht. Es ist die Außenwelt des Appartementkomplexes “The Cove”, aus der die phantastischen Wesen und mit ihnen das Phantastische überhaupt in die Siedlung ‘eindringen’, und es ist die filmische Außenwelt des Films “Lady in the Water”, welche dessen märchenhafte Geschlossenheit qua zitierter Kriegsberichterstattung aufreißt. Einen weiteren Blick von außen ermöglicht die Figur des Filmkritikers, die besonders aber nicht nur in diesem Sinne für den Film zu retten wäre. Es ist viel zu einfach und zu blind, in dieser Figur schlicht eine Abrechnung durch den Regisseur zu sehen.

Überreich ist “Lady in the Water” für mehr als einen Zugriff, nimmt man nun die Gestaltung (Kamera, Musik …) in den Blick, die Darstellungen oder kleinste Partikel, welche er reichhaltig anschwemmt, wie etwa die Formulierung der Redensart “Don’t judge a book by it’s cover” anhand des “Cookbooks”, des Buches, das die Welt verändern wird. Ein Titel zudem, der die Absolutsetzung der Shyamalan-Figur als “Messias” einmal mehr unterläuft.

Eine kategorische Ablehnung schließt “Lady in the Water” vollkommen aus.

(Randbemerkung: Seltsam, dass Shyamalans Film nie mit dem Buch von Frank Schätzing zusammengebracht wurde, dem “Schwarm”. Ich hab da wohl was verpasst.)

so long …

A Prairie Home Companion / Robert Altman’s Last Radio Show, USA 2006
Robert Altman, Regie

“A Prairie Home Companion” im Kino sehen, das ist, wie auf der Beerdigung den Toten noch einmal kurz erleben zu können, wohlwissend, dass dem eine kurze Frist gesetzt ist. Altman erkennt man nahezu hinter jeder Einstellung, das mag dafür ein Grund sein. Jedenfalls hatte ich “Eyes Wide Shut” anders wahrgenommen vor auch schon wieder so vielen Jahren.

die heiden von kummerow

Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche, BRD/DDR 1967
Werner Jacobs, Regie

Der erste gemeinsam von DDR und BRD produzierte Film ist von ‘67 und voller feiner Sätze:

“Vater, ich bin erster in der Klasse geworden!” - “Sind die anderen also tatsächlich noch dümmer als du …” -
“Muddern hat immer recht.” -
“Wenn ich dich nicht bekommen hätte, dann müsste ich jetzt nicht im Dreck wühlen.” - “Was kann ich denn dazu, dass ich auf der Welt bin?”

(aus dem Gedächtnis zitiert)

Sicher hat das Buch von Ehm Welk in so einigen Belangen mehr zu bieten als der Film - wenn es aber soviel mehr zu bieten hat wie Ludwig Thoma den Hansi-Kraus-Filmen voraus ist, dann muss das ein ziemliches Wahnsinnsbuch sein!

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