ein tag im leben eines bücherkäufers

Manchmal fügt es sich. So kann es sein, dass Büchermarkt als auch Flohmarkt samt Bücherstand auf einen Tag fallen. Das Ergebnis: Bücher schleppen. Ich mach’s kurz. Und ich wünschte, die folgende Liste dürfe ein wenig auch als Portrait ihres Abtippers gelten.

Alfred Behrens, Gesellschaftsauweis. SocialScienceFiction
Lothar Bisky, The show must go on. Unterhaltung am Konzernkabel: Film, Rock, Fernsehen, neue Medien
Jörg Drews (Hg.), Herbert Achternbusch
Lotte H. Eisner, Ich hatte einst ein schönes Vaterland. Memoiren
Günter Figal (Hg.), Begegnungen mit Hans-Georg Gadamer
Sigmund Freud, Darstellungen der Psychoanalyse
Gottfried Gabriel, Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Von Descartes zu Wittgenstein
Abdussalam Gussejnow, Streit mit sich selbst
Peter Hacks, Schöne Wirtschaft. Ästhetisch-ökonomische Fragmente
Hermann Hesse, Siddharta. Eine indische Dichtung
Volker Klotz, Abenteuer-Romane. Eugène Sue, Alexandre Dumas, Gabriel Ferry, Sir John Retcliffe, Karl May, Jules Verne
Wolfgang Koeppen, Die elenden Skribenten. Aufsätze
Vlado Kristl, Sekundenfilme
Klaus Modick, Das Stellen der Schrift. Essays
Oskar Negt, Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche
Oskar Pastior/Francesco Petrarca, 33 Gedichte
Fritz J. Raddatz, Die ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher
Michael Rutschky, Lektüre der Seele. Eine historische Studie über die Psychoanalyse in der Literatur
Michael Rutschky (Hg.), Errungenschaften. Eine Kasuistik
Jörg Schröder (Hg.), Mammut. März Texte 1 & 2. 1969-1984
Georg Seeßlen, Kino der Gefühle. Geschichte und Mythologie des Film-Melodrams
Jonathan Swift, Betrachtungen über einen Besenstiel
Françios Truffaut, Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?
Martin Walser, Erfahrungen und Leseerfahrungen
Robert Walser, Fritz Kochers Aufsätze
Ulrich Zwiener, Reimund Seidelmann, Karl Schmitt, Christel Fenk (Hrsg.), Gegen Extremismus und Gewalt. Aktuelle Analysen und Schlußfolgerungen

Dazu Geschenke.

black box usa

Young Warriors, USA 1983
Lawrence D. Foldes, Regie

Das Recht des Opfers auf Bestrafung des Täters - als Problem. Neben der soziologischen Schiene gibt es in Foldes’ Film den mythischen Grund, der - was die Selbstreflexion des Films bestätigt - von der Jagd nach einem Ungeheuer spuckenden schwarzen Drachen handelt. Die Jäger bemerken erst, als es zu spät ist, dass sie mit ihrer Mission keinen Erfolg haben können, es sei denn, der Erfolg wäre, selbst verschlungen zu werden - und danach sieht es aus. Die Konfrontation der Soziologie der Gewalt mit der Psychologie der Rache führt zur Aufhebung. Das Anrufen der Eltern hilft rein gar nichts, verklingt ungehört, gleich den Rufen der Partnerinnen. Ein ganzer Jahrgang junger, vitaler Kerle geht den Bach runter, denen Vietnam doch eigentlich nur ein fernes Rauschen war. Rebel without or with a cause macht keinen Unterschied.

Man reagierte allzu blasiert, würfe man “Young Warriors” so etwas wie ‘inszenatorische Mängel’ vor. Vor welchem Spiegel fordert man wahrhaftige Plastizität? Von der Bedeutungsfülle der Küste wird dieses geradezu abstrakte Artefakt umsäumt, das noch in seinem Abspann mehr Überraschungen bereithält als sonst ganze Filme.

dummytiere

Der ADAC hat Crashtests durchgeführt, um die Sicherheit von Tieren in Fahrgastzellen zu überprüfen als auch die Möglichkeit, dass diese zum Geschoss werden. Diese Nachricht durchweht in derzeit die Medien. Aber auch die Frühjahrsausgabe des “Dummy” ist jetzt erschienen und den Tieren gewidmet.

“Wir sind reich bevölkert”, dieser Satz aus einem Beitrag über Parasiten drückt aus, was das ganze Heft bestimmt: Der Mensch kann vom Tier nur sprechen vom Menschen aus. Er kann sich aber wiederum darüber seine Gedanken machen. Die Vielfalt der Annäherungen, die das Heft durchzieht, wie auch der nie geringe Reflexionsgrad der einzelnen Beiträge haben das verinnerlicht und sind darum bemüht, es zu transportieren. Ein “Gesellschaftsmagazin” zu den Tieren: Es hätte besser kaum verwirklicht werden können.

Ein wenig aus dem Inhalt: Ein Gespräch mit Thomas Macho geht im Galopp durch die Tierkulturgeschichte. Eckhard Fuhr äußert sich, um Bedachtsamkeit bemüht, einmal mehr über die Jagd. Andere Texte blicken auf das Einsetzen des Tiers im Krieg, als Substitut für den feigen Menschen und die teure Maschine, oder fragen, “warum die Spanier so ein krankes Verhältnis zu Tieren haben”. Um die Spannweite der Beiträge aufzuzeigen: Ein weiterer Bericht widmet sich Billy, dem Schäferhund auf der Tiersex-Party, ein anderer versucht, die Liebe der Mädchen zum Pferd zu klären. Schautafeln lockern den Gang durchs Heft auf, sind dabei so aufreizend wie klug. Fotostrecken ergänzen die Lektüre der Texte um eine Aufklärung des Blicks.

Eine derart vollständig interessante und gelungene Ausgabe, deren Vielfalt aus einem Guss ist, gibt es im Zeitschriftendschungel selten. Mein Anraten könnte drängender kaum ausfallen.

geh und sieh

In der Nacht von Montag auf Dienstag um 03:20 auf 3sat läuft

Geh und sieh
(Idi i smotri)
Spielfilm, UdSSR 1985
Regie: Elem Klimow
(russische Originalfassung mit Untertiteln)
(teilweise schwarzweiß)
Länge: 137 Minuten

Ergänzungen:

die konferenz der netze

Ab heute läuft die re:publica 08. Was sie ist. Und was sie (gewesen) sein wird.

Die Mainzer Tage der Fernsehkritik waren gestern.

verführung zum bösen

Der Serienkiller, wir wissen es, ist noch ein echter Held. Als einer der konstantesten Film- und Medienhelden steht er immer im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wer über die Beschau von SK-Filmen und das Selbstbeschaudern während SK-Lektüre hinausgehen möchte, bekommt am 19. April in Bonn die Gelegenheit während der Tagung “Serienmord als ästhetisches Phänomen“. Organisiert hat diese Stefan Höltgen, der interessante Referenten gewinnen konnte, wie den Kriminologen und Autor Stephan Harbort oder Jörg Buttgereit, der seinen Film “Schramm” wird zeigen können.

schiff sinkt

“Die Gustloff” startet. Das ZDF will den Erfolg. Nach “Wetten, dass …?” soll ein fünfminütiges Making of laufen. Gottschalks Sendung verliert, wie zu hören ist, bei den Jüngeren. Der Anhang also zielgruppenbewusste Eigenwerbung.

Was ich Making of nenne, heißt beim ZDF “Ein Blick hinter die Kulissen”. Den aber gibt es woanders. Dietrich Kuhlbrodt bespricht den Zweiteiler in der aktuellen Konkret; in der filmzentrale ist sein Text auch zu finden. Darin erfährt man u.a., dass Detlev Buck mitspielt und sich den Kopf wegschießt, ehrenhalber. Man weiß also schnell, dass die Produktion zum Kotzen ist. Aber Kuhlbrodt soll man lesen! Auch wenn es nicht so viel neues gibt. Inhalte und Ansätze der Kuhlbrodt’schen Nazifilmtexte ähneln sich. Das ist nicht die Schuld des gewissenhaften Beobachters.

100 ohrensessel!

Der hundertste Ohrensessel-podcast befasst sich mit Selbstmord im Film, mit “The Virgin Suicide”, “Control” und Malles “Irrlicht”. Die Stimmung ist tatsächlich etwas niedergeschlagen, erweitert aber sehr schön das Ohrensesselstimmungsensemble und buchstabiert dieses herrliche anthropologische Projekt weiter aus. Am Ende gehen sie. Ja, sich ihrem Thema annähernd machen es Bernd Begemann & Ben Schadow spannend. Wie wird es weitergehen? Was macht Benjamin Maack? Wird der Ohrensessel tatsächlich übernommen und ein neuer Disney-Club? Oder stellen sich die drei Anbetungswürdigen als “Die drei Tupacs” heraus?

Schon beginnen die Legenden … Für jede der 100 Ausgaben heißt es aber erstmal: Applaus, Applaus!

robbe-grillet und der film

Der Tod Alain Robbe-Grillets hinterlässt nicht zuletzt ein hervorgehobenes Bedürfnis nach dessen Filmen. Diesem entspricht haute die FAZ unter dem Titel: “Was fehlt” (”Michael Althen erinnert an den, ja: auch Filmemacher Alain Robbe-Grillet, von dessen zehn Filmen freilich nur einer überhaupt irgendwo auf DVD greifbar ist. “, notiert der perlentaucher zu dem Text, der online [noch] nicht zu finden ist).

1971 schloss Jean Améry einen Text über Robbe-Grillet, und über den Robbe-Grillet des Kinos im besonderen, folgendermaßen ab: “Robbe-Grillet ist tot: es lebe das Andenken Robbe-Grillets.” Zuvor hieß es da:

Robbe-Grillet, der kein Theoretiker ist, schrieb seine Theorien der “objektalen” Darstellungsweise und jagte seine Methode zu Tode. Notwendigerweise, da doch sein “objektales” Verfahren ein wesentlich optisches war, mußte er die Grenze der Literatur überschreiten und das filmische Medium ausprobieren. Am Ende stellte sich heraus, daß er dessen Möglichkeiten nicht gewachsen ist, sie überwältigen ihn. Heute schreibt er Film-Romane (…) und Romanfilme. Was die Literatur verlor, hat hierbei der Film nicht gewonnen. So ist es Zeit, dem Schriftsteller Robbe-Grillet ein paar Zeilen des Abschieds zu widmen, sie können so pietätvoll leider nicht geraten.

(Ich habe keinen Roman Robbe-Grillets gelesen, keinen seiner Filme gesehen, nicht einmal “Marienbad” kenne ich qua Ansicht.)

postkoloniale marslemuren

Heute morgen sind zwei spannend-schöne Texte rausgekommen, nahezu parallel, auf die ich hinweisen möchte:

toureiro schreibt über Madagaskar und
Stefan über die Mars-Chroniken.

Womit es bei ersterem im blog nun endlich wieder weitergeht!

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