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PowerPointPräsentaionen sind Thema. Kaum ein anderes Phänomen bietet sich so zur wissenden Erheiterung des Publikums, zum Kalauern an, wie auch zur feinen Konturierung von Herrschafts- und Disziplinierungsverhältnissen. Die Verquickung von beiden lässt sich hier gut beobachten. Kein Uniseminar, wo man nicht spannenderweise die PPP in Unterscheidung zum Thesenpapier betrachten kann, kaum ein Vortrag, wo es keine Rolle spielte.

Immer mehr sind sie auch Thema, sagen wir, wissenschaftlicher Betrachtung - ohne je ganz auf den Glaubenskampf verzichten zu können oder die ironische Haltung. So spielt derlei Präsentation etwa in Hans Ulrich Gumbrechts neuerem Denken zur “Präsenz” eine nicht unerhebliche Rolle. Nicht zuletzt, und darauf will ich eigentlich hinaus, hat sich die PPP ‘gar schon’ als Thema für einen Workshop qualifiziert. Bei Claus Pias et.al. erfahren wir mehr darüber. Dort können wir Vorträge als mp3 nach- und abhören.

(Ist fortzusetzen.)

Beginnen.

k.

das kochbuch

Lady in the Water / Das Mädchen aus dem Wasser, USA 2006
M. Night Shyamalan, Regie

“Ein Film ist wie ein Kristall, den man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kann.” - Akira Kurosawa

Wollte man eine Metapher für die Beschreibung von “Lady in the Water” finden, so wäre es die vom Verbund. Ausgestaltet wird sie auf mehreren Ebenen, gebrochen durch wenig - das jedoch auf beiden Seiten des Spektrums: Der Regisseur selbst stellt die “Messias”figur seines Drehbuchs dar, welches sein Stammhaus Disney nicht verfilmen wollte, weshalb Shyamalan gezwungen war, das Studio zu wechseln. Der Jäger, in der Erzählung, bricht aus dem Verbund, d.h. aus dessen Regeln aus und wird - reglementiert. Sanktioniert wird er vom Zentrum der Regeln und der Welt aus und durch die Wächter. Was einen weiteren Bruch formuliert, denn wie erklärt man einen organischen, sich auf den Verbund aller berufenden, Leviathan?

Weltlogiken werden durch die Logik(en) der Kunstwerke außer Kraft gesetzt. Aus der Kunst heraus lässt sich eine Welt anklagen, die durch ihren Lauf bald jeder moralisch begründeten Logik widerspricht. Es ist die Außenwelt des Appartementkomplexes “The Cove”, aus der die phantastischen Wesen und mit ihnen das Phantastische überhaupt in die Siedlung ‘eindringen’, und es ist die filmische Außenwelt des Films “Lady in the Water”, welche dessen märchenhafte Geschlossenheit qua zitierter Kriegsberichterstattung aufreißt. Einen weiteren Blick von außen ermöglicht die Figur des Filmkritikers, die besonders aber nicht nur in diesem Sinne für den Film zu retten wäre. Es ist viel zu einfach und zu blind, in dieser Figur schlicht eine Abrechnung durch den Regisseur zu sehen.

Überreich ist “Lady in the Water” für mehr als einen Zugriff, nimmt man nun die Gestaltung (Kamera, Musik …) in den Blick, die Darstellungen oder kleinste Partikel, welche er reichhaltig anschwemmt, wie etwa die Formulierung der Redensart “Don’t judge a book by it’s cover” anhand des “Cookbooks”, des Buches, das die Welt verändern wird. Ein Titel zudem, der die Absolutsetzung der Shyamalan-Figur als “Messias” einmal mehr unterläuft.

Eine kategorische Ablehnung schließt “Lady in the Water” vollkommen aus.

(Randbemerkung: Seltsam, dass Shyamalans Film nie mit dem Buch von Frank Schätzing zusammengebracht wurde, dem “Schwarm”. Ich hab da wohl was verpasst.)

“Weblogs, YouTube, StudiVZ & Co.”

Am 4. Juli hielt der Kommunikationssoziologe Jan Schmidt in Jena einen Vortrag zur Öffentlichkeit im/durchs Netz der neuen Mitmachmöglichkeiten. Die Kamera der thüringer Blogzentrale lief mit - und schon heute steht der Mitschnitt im Netz. Hinterlegt sind - da wie dort - außerdem die Folien der PowerPointPräsentation Schmidts.

Man erwarte vom Vortrag nicht die großen Neuigkeiten, als Einführung ins Metier jedoch funktioniert er bestens.

Einen kleinen Jan-Schmidt-podcast stellt übrigens & überdies das honorige rebell.tv zur Verfügung.

heiligenDAMM

Versuch, einen anderen link zu Heiligendamm zu posten: 2006 hielt Thomas Macho auf der Tagung “Abwehr. Modelle - Strategien - Medien” den Vortrag “Die Wiederkehr der Mauern. Skizzen zur Kulturgeschichte der Steine”. Dieser kann als mp3 nachgehört werden; ein Abstract findet sich dahinter.

so long …

A Prairie Home Companion / Robert Altman’s Last Radio Show, USA 2006
Robert Altman, Regie

“A Prairie Home Companion” im Kino sehen, das ist, wie auf der Beerdigung den Toten noch einmal kurz erleben zu können, wohlwissend, dass dem eine kurze Frist gesetzt ist. Altman erkennt man nahezu hinter jeder Einstellung, das mag dafür ein Grund sein. Jedenfalls hatte ich “Eyes Wide Shut” anders wahrgenommen vor auch schon wieder so vielen Jahren.

die heiden von kummerow

Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche, BRD/DDR 1967
Werner Jacobs, Regie

Der erste gemeinsam von DDR und BRD produzierte Film ist von ‘67 und voller feiner Sätze:

“Vater, ich bin erster in der Klasse geworden!” - “Sind die anderen also tatsächlich noch dümmer als du …” -
“Muddern hat immer recht.” -
“Wenn ich dich nicht bekommen hätte, dann müsste ich jetzt nicht im Dreck wühlen.” - “Was kann ich denn dazu, dass ich auf der Welt bin?”

(aus dem Gedächtnis zitiert)

Sicher hat das Buch von Ehm Welk in so einigen Belangen mehr zu bieten als der Film - wenn es aber soviel mehr zu bieten hat wie Ludwig Thoma den Hansi-Kraus-Filmen voraus ist, dann muss das ein ziemliches Wahnsinnsbuch sein!

stuck on you

Stuck on You / Unzertrennlich, USA 2003
Bobby & Peter Farelly, Regie

“Stuck on you” beginnt im Schnee. Die herausfordernde Natur und die auch sonst begrenzten (Aus)Lebensverhältnisse (das soziale Milieu sowie die geographische Anordnung auf der Insel Martha’s Vineyard) schweißen die Menschen zusammen, gleich welcher Art sie sind. One of a kind, es gilt nur noch der eine Begriff, es gibt keine Unterkategorien.

Die Farellys machen aufregendes Kino wie wenige. Aufregend ist das weniger nach Art des immer Neuen sondern vielmehr des verblüffend Neuen innerhalb des festen Rahmens (s. Genre). So knapp bemessen ist das tatsächlich auch die kürzest mögliche Beschreibung von Autorenkino. Dass sie nebenbei noch ein (underdog-)Projekt verfolgen, (weil) ein Thema bearbeiten, ergänzt das nur noch. Ganz zu schweigen von, im “Stuck-on-you”-Fall, einer allgemeingültigen Erzählung von Brüdern, vom Zusammenleben; zudem eine Reflexion auf Hollywood (das allerdings ist der schwächste Teil des Films).

Ganz groß also.

land of the dead

Land of the Dead, CDN/F/USA 2005
George A. Romero, Regie

Nachdem Peter Körte in der FAS gerade die Frage nicht beantwortet hat, warum er es nicht haben mag, dass die (film- oder werkhistorische) Evolution der Zombies einen abermals höheren Grad von Sprache und Sozialem erreicht, beendet er seine Kritik folgendermaßen:

Doch als ich das Kino nach der Vorführung verließ, da schlurfte ein paar Meter vor mir ein Mann, dessen Bewegungen seltsam verlangsamt und unkoordiniert wirkten, und das vom Glasdach gefilterte Dämmerlicht im Berliner Sony-Center erinnerte unwillkürlich an die Mall in “Dawn of the Dead” (1978). So viele Filme gibt es nicht mehr, nach denen einem so etwas passiert.

Solche Wahrnehmungseffekte sind großartig und gleichsam erhaben und schön. Nur die schlechtesten Filme lösen sie nicht aus. Vielleicht kann man es (in Ermangelung von Begriffen) den “Charaktereindruck” eines Films nennen, und es meinetwegen dialektisch formulieren als: den Charakter, der dem Film eingeprägt ist, sein “Wesen” oder besser: sein (Wirk-)Potenzial; den Eindruck, den dieser wiederum im je speziellen Zuschauer hinterlässt; jener geht schließlich aus dem Saal und die Impression wirkt nach, da sie die Wahrnehmung vorgeprägt hat. Den Weg aus dem Kino heraus muss sich dieser Eindruck erst einmal erhalten und bewähren, und wenn man dann in die Stadt hinaustritt (und bald immer ist es eine Stadt) und sich darin bewegt, sieht man, welche Brille man gerade aufgesetzt bekommen hat.

Es sind die verschiedenartigsten Filme, die dergleichen auslösen. Western sind ein recht kanonisiertes Beispiel dafür (aber so einfach ist es nicht). Was mich angeht, haben Filme wie “Sunset Boulevard” oder “The Night of the Hunter” eine unglaubliche Wirkung gehabt. In den glücklichsten Fällen bekommt man die Brille den ganzen restlichen Tag nicht abgesetzt. Man mag dann auf die Nacht und den Schlaf hin schon langsam wehmütig werden, aber oft genug bleibt fürs restliche Leben jeweils ein Säckchen Erinnerung … - Mag ich bildlich ins Mittelalter gehen und sagen, dass seien diese überraschend kleinen Beutel, in denen die ganze materielle Existenz von jemandem stecken kann; darum ist der Beutelschneider so eine Gefahr und die Verzweiflung so groß und existenziell, wenn der Beutel abgeschnitten wurde. Mag ich das noch um einen magischen Aspekt jener Zeit erweitern, um das Bild, wenn der Beutel, gleich einer Brotzeit, auf einem Baumstumpf inmitten einer Lichtung geöffnet und ausgebreitet wird (sind ja nichts anderes als Lappen, die mit einem Strick verschlossen gehalten werden). Und als wäre darin so eine Art Goldstaub, dieser verströmte plötzlich sein Aroma, glitzerte auseinander, füllte einen Raum. Das ist jedenfalls das Bild, welches ich in den Kopf bekomme, wenn ich meine, ich müsste diesen Effekt, weil er gerade aufgeschrieben wird, auf den Begriff bringen.

Bleibt zu erwähnen, dass sich diese Werte wieder einsammeln und einschließen lassen. Und soweit ich das bis jetzt überschaue, verbrauchen sie sich von selbst kein Stück (Demolagen von außerhalb freilich …). - (Ich will das hier nicht mit anderen Erlebnissen vergleichen, einem Konzert etwa, oder gar einem ersten Treffen mit einem Menschen, sondern nur darauf hinweisen und für mich festhalten, dass es auch das gibt.)

Aber ich hatte mit Körte angefangen. - Ganz zweifellos haben die angesprochenen Nach-Bilder einen ganz spezifischen touch, und ganz bestimmt ähneln sie sich von Zombiefilm zu Zombiefilm. Besonders geschärft wird in der Tat die Stadtwahrnehmung selbst. Es scheint mir dieser Aspekt, den die besagte Brille nun fokussiert: aufragende Gebäude, stoppende und anfahrende Straßenbahnen, stehende/sich bewegende Menschen innerhalb dieser Stadt. 1.) ist mir das so gegangen, 2.) sind das alles Dinge, Motive, die in den Zombiefilmen eine besondere Gewichtung bekommen, 3.) erklärt sich der vorliegende Effekt sicher auch nicht so einfach und automatisch.

Die Kritik spricht eine besondere, ausgesprochen individuelle Erfahrung an. In zwei Sätzen lässt sich das Phänomen recht schlecht erklären, und ein bestimmtes Versprechen gibt dieser Schluss, das kaum einzulösen sein wird. Stattdessen hätte ich gern die Antwort gehört, warum …

*

Noch etwas: Dieser ‘publizistische Witz’, dass es Romeros “Night of the Living Dead” doch bis ins Museum of Modern Art “gebracht hat” (Körte), funktioniert auch nur mit einigen Einschränkungen. Als ich diese Anekdote seinerzeit das erste Mal las, hab ich mich über diesen Sachverhalt tatsächlich gefreut. Das wird daran gelegen haben, dass man froh ist, wenn einem - wie hier bei der Verteidigung eigener “obskurer” Interessen - jemand beisteht.

Seither bin ich regelmäßig auf immer die gleiche - kurze - Geschichte gestoßen. Dass aber allein dieses Faktum schon von Bedeutung sei, ist ein Trugschluss. Der Fakt der Aufnahme sagt gar nichts (nicht viel). Er mag ein Zugang sein, Entree in einen Raum, der Auseinandersetzung (andere, anders) ermöglicht. Aber er garantiert diese nicht zwangsläufig. Die Konfrontation mit dem Film ist sogar im Fall von Texten zu “Night” fast immer mit dem insistierenden Verweis auf die MOMA-Aufnahme sogleich wieder beendet. Die so praktizierte Heiligsprechung des nun (in beiderlei Sinn) unangreifbaren Films ist der Absch(l)uss einer kritisch-analytischen Auseinandersetzung. Die Wahrnehmung eines ‘ehrfürchtig stimmenden, nahezu einmaligen Erfolgs’ scheint sich darauf zu gründen, dass der Film in ein Reich aufsteigt, in welchem er ’schließlich doch’ eine Aura zugesprochen bekommt (er bekommt, so geht die Engelmetapher, “seine Flügel verliehen”). Dabei ist es von dieser (Tempel-)Schwelle zu weiteren Erkenntnissen bloß ein Schritt.

zur politik der marx-brothers

A Night at the Opera / Die Marx-Brothers in der Oper, USA 1935
Sam Wood, Regie

Mit diesem Film sind die Marx’ das erste Mal bei MGM. Vorher, noch bei Paramount unter Vertrag, hatten sie mehr kreative Freiheiten. Ihre Filme mussten keine Handlung haben. “A Night at the Opera” hat eine: Zwei Tenöre, eine schöne Frau, drei Marx’. Der erste Tenor soll in die USA importiert werden, an die New Yorker Oper. Der zweite hätte es aber viel mehr verdient - umso mehr, als er zusammen mit seiner geliebten Sängerin den Weg von Mailand in die neue Welt antreten könnte. Doch der andere soll mit ihr fahren.

Der große Reisekoffer von Groucho bietet dem jungen Mann schließlich noch die Möglichkeit, mit aufs Schiff zu kommen (und die bietet er auch Chico und Harpo). Das ist eine großartige Szene: Grad so passt Groucho mit seinem Koffer in die mickrige Kabine; als er ihn öffnet sind sie schon zu viert drin. Diverses Personal kommt hinzu, für diverse Aufgaben. Keiner wundert sich über die Fülle an Menschen in dem kleinen Raum, jeder der kommt, tritt ein. Das ist ein Grundprinzip der Marx’schen Komik, welches hier, im Handlungs- und somit Sinnzusammenhang, mehr als in der Anarchie zuvor, zum Tragen kommt: Wen wundert’s?

Die Handlung ist ein System, aus dem man ausbrechen kann. Genau wie die gesellschaftlichen Situationen, die Groucho auf den Kopf stellt. So nimmt er etwa, am Anfang des Films, ein Treffen mit einer Dame “wahr”, indem er mit dem Rücken zu ihr - und mit einer jüngeren, einer Blonden - zu Abend ist, und erst mit der älteren in Kontakt kommt, als diese ihn aufrufen lässt. Ihre sprachlichen Einwendungen gegen sein Verhalten nimmt er ebenso sprachlich auseinander. Das sind Freiheiten, von denen nicht genau gesagt werden kann, ob man sie sich nehmen darf. Groucho nimmt sie sich - und liefert so einen Gegenbeweis (nach dem niemand verlangte) zu normativem Nachdenken über diese Situation. Das ist sein erster Auftritt. Das jeweilige Erscheinen von Harpo und Chico ist ebenso charakteristisch für ihre Charaktere. Das ist keine Tautologie. Die Marx’ sind sie selber. Chico - er machte den Deal mit MGM - handelt hier mit Groucho einen Vertrag aus. Die beiden nehmen sich dabei alle Freiheiten. Das sei Un-Recht? Keiner hindert sie; und sie kommen überein.

Die drei haben also alle Freiheit der Welt. Die, über die Gesellschaft und ihre Normen zu verfügen. Oder über die Zeit: Es gibt immer wieder Sequenzen, die ausgespielt sind, die bis an die Grenze gehen - und damit über die Grenzen der Hollywoodkonvention hinaus. Wenn also nach einer Solonummer von Chico (am Klavier, während der Überfahrt, unter den einfachen, heiteren Leuten) Harpo noch eine anschließt - so what? Und über den Raum. So in Grouchos Kabine: Es wird enger und enger; bald scheint nichts mehr zu gehen. Da kommt jemand und öffnet die Tür … So sind wir bei der “letzten Freiheit”, der Freiheit der Wünsche. Da treffen sich die Brüder mit dem Kino selber. Wie die Apparatur setzten sie hier ihre Wünsche für andere durch.

Bald immer in diesem Film hat die Kamera ihren festen Standpunkt. Gewissermaßen: Sie schaut, was sich vor ihr abspielt. Wie der Zuschauer im Theater, in der Oper. Doch das Kino hat die Freiheit der Montage. Während also der Zuschauer im Saal nur auf den festen Rahmen der Bühne schauen kann, da kann das Kino alle Rahmen sprengen – und die Leute im Kino verfolgen das mit.

Mit der Kajütensequenz wird somit ein Vorgeschmack aufs Finale des Films gegeben. In letzterem verwandelt Harpo die Opernbühne in ein Piratenschiff: Sie ist offen und kann von allen Seiten attackiert werden. So ist auch “A Night at the Opera” ein offenes Kunstwerk, eine selbstgestaltete und dennoch (mit)teilbare Welt. Das ist die Liebe zu den meisten ihrer Zuschauer und das ist die Freiheit der Marx’.

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